Meine Mutter, Brombeeren und Englischvokabeln

Last Updated on 1 Jahr by Coach Beate
Brombeerzeit, lecker, leider ist sie in diesem Jahr schon vorbei. In der letzten Woche haben wir die letzten gepflückt. Und jedes Mal, wenn ich Brombeer-Hecken sehe muss ich daran denken, wie sie mir geholfen haben beim Englisch lernen.
Es war Anfang September, ich war gerade in die 5. Klasse gekommen und musste meine ersten Englisch-Vokabeln lernen: I am – ich bin, you are – Du bist, he/she/it is – er/sie/es ist usw. Ich übte rauf und runter, aber konnte diese fremden Wörter einfach nicht in meinen Kopf bekommen.
Meine Mutter kam in mein Zimmer und sagte:“Komm mit, wir gehen in die Brombeeren“. Wir wollten nochmal Wildbrombeeren am Waldrand pflücken, aus der meine Mutter den leckersten Brombeer-Gelee kochte. „Nein, ich kann nicht, ich muss diese verdammten Vokabeln lernen“ antwortete ich.
„Ach was, komm mit, hinterher hast Du den Kopf frei und lernst besser“ kam die Antwort von meiner Mutter. Wir gingen also beide, ausgestattet mit zwei Milchkannen, an den Waldrand. Meine Mutter hatte die große metallene 2-Liter-Kanne, ich die kleine Halbliter-Kanne aus weißem Kunststoff.
Die Sonne schien, die Bienen summten, es war ein wunderschöner Spätsommer-Tag, die Brombeeren schmeckten richtig lecker. Seltsamerweise war meine Mutter viel schneller als ich, naja, sie war ja auch schon erwachsen. Bei mir ging nur jede zweite Hand in die Kanne, die nur zur Hälfte gefüllt war als meine Mutter ihre schon voll hatte. Sie konnte zum Glück darüber lachen. Gut gelaunt und glücklich gingen wir nach Hause zurück.
Meine Mutter ging in die Küche, um die Brombeeren zu verarbeiten, ich in mein Zimmer um meine ersten englischen Vokabeln zu lernen. Und plötzlich ging es ganz leicht. Ich lief die Treppe runter in die Küche und deklamierte stolz: I am – ich bin, you are – Du bist, he/she/it is – er/sie/es ist, we are – wir sind, you are – Sie sind/Ihr seid, they are – sie sind. Immer und immer wieder, so begeistert war ich. Meine Mutter lachte wieder und meinte nur: „Siehste, gut, dass Du mit in den Brombeeren warst und mir geholfen hast“. Kein Wort darüber, dass mein Beitrag kaum für ein Glas ihres köstlichen Gelees gereicht hätte.
Woher wusste meine Mutter das? Sie hatte nie die höhere Schule besucht, konnte selbst keine Fremdsprache, aber sie wusste wohl intuitiv drei wichtige Dinge:
- Wir brauchen Pausen beim Lernen
- Bewegung hilf beim Lernen
- Natur heilt und hilft
Noch heute gehe ich gerne raus in die Natur, wenn ich komplexe Sachverhalte durchdenken oder etwas lernen will, wenn ich Ideen für Artikel oder Reden brauche oder den Kopf einfach frei bekommen will. Sobald ich draußen bin kommen wir die kreativsten, manchmal verrücktesten Ideen.
Wenn ich lange Zeit am Schreibtisch verbracht habe, dann gehe ich gerne auf einen nachmittäglichen Spaziergang, egal, wie das Wetter ist. Es hilft mir, meinen Blick wieder zu schärfen, erlaubt meinen Augen, sich vom Bildschirm zu erholen und meinen Muskeln, sich auch mal wieder zu betätigen.
Aber auch sonst sind regelmäßige Pausen während des Arbeitstages hilfreich. Mit ihnen kannst Du Deine Produktivität steigern. In dem Bewusstsein, richtig was geschafft zu haben fühlst Du Dich einfach besser und gehst entspannter in den Feierabend.
Die Pomodoro-Technik, die in den achtziger Jahren viel Furore gemacht hat, basiert auf 25-Minuten Arbeitseinheiten, danach 5 Minuten Pause, nach 4 dieser Einheiten soll eine längere Pause von 15 bis 20 Minuten erfolgen. In den Pausen soll man möglichst aufstehen und sich bewegen. Auch eine gute Gelegenheit, ein Glas Wasser zu trinken.
Pomodoro Technik deshalb, weil der Erfinder Francesco Cirillo seine Arbeits- und Pauseneinheiten mit Hilfe eine Küchentimers in Form einer Tomate überprüft hat. Heute gibt es Apps dafür und sogar einen Tomato-Timer im Internet.
Seitdem ich diese Technik benutze arbeite ich konzentrierter und bekomme in weniger Zeit mehr geschafft. Und ich bekomme mehr Bewegung. Im Netz gibt es eine Reihe von Übungen, die man schnell in den Arbeitsalltag einbauen kann.
Wenn ich feststecke und gar nichts mehr geht, dann denke ich häufig an die Brombeeren am Waldrand in meiner Kindheit und wie sehr mir die intuitive Weisheit meiner Mutter beim Lernen meiner ersten Englischvokabeln geholfen hat.
Heute spreche ich die Sprache fließend – und ich bin auf der Suche nach einem Timer in Brombeerform. Wenn Du einen findest, dann sag mir bitte Bescheid.