Wenn man’s kann ist es leicht

Last Updated on 1 Jahr by Coach Beate
Lebensweisheit eines 12jährigen Rollerartisten. Ich habe ihn gefragt, wie oft er auf die Nase gefallen ist, ehe er so virtuos seinen Roller unter sich drehen konnte. Wie lange er gebraucht hat, bis er es gelernt hat.
Klein anfangen. Ein Freund hat mir gezeigt, wie es geht. Ich bin ein paar Mal auf die Nase gefallen, habe aber trotzdem weiter gemacht. Täglich üben und dann immer mehr trauen war seine Antwort.
Als ich ihm bewundernd sagte, dass es sehr leicht und spielerisch aussieht wie er in die Luft springt und seinen Roller unter sich dreht, sagte er den Satz der Sätze: Wenn man’s kann ist es leicht.
Mir klappte der Unterkiefer runter und ich antwortete: ja genau, wie überall im Leben. Dann durfte ich ihn fotografieren. Um seine Privatsphäre zu schützen habe ich ihn nur von hinten abgelichtet.
Ob du nun etwas Neues lernen möchtest, mehr Selbstvertrauen entwickeln oder dein Selbstwertgefühl verbessern willst, folge der Rollerartisten-Zauberformel:
Klein anfangen
Rom wurde bekanntlich nicht an einem Tag gebaut, kleine Kinder fangen erst mal an zu kriechen, ehe sie sich aufrichten und die ersten Schritte machen. Kaum vorstellbar, dass sie manchmal als Erwachsene einen Marathon laufen können.
Mache kleine Schritte, Mikro-Schritte, gehe sie täglich. Damit bekommst du sogar Aufschieberitis in den Griff.
Welchen kleinen Schritt kannst du heute gehen?
Womit möchtest du heute anfangen?
Hilfe holen
Frage jemanden, der weiß, wie es geht. Welche Tricks + Tipps gibt es? Wenn du lernen möchtest, angstfrei vor Publikum zu sprechen, dann kannst du dich einem Toastmasters Club anschließen. Dort kannst dich du in einem geschützten Raum ausprobieren und bekommst aufbauendes Feedback von anderen, die ihre Angst schon überwunden haben.
Wenn du eine neue Fähigkeit entwickeln möchtest, dann hole dir eine Lehrerin. Für den Führerschein bist du in die Fahrschule gegangen, Yoga lernst du in einer Yogaschule, Meditation wird auch an der VHS gelehrt.
Immer wieder aufstehen
Wenn du auf die Nase fällst, dann stehst du wieder auf. Immer wieder heißt es, du musst einmal mehr aufstehen als du hinfällst. Das ist Quatsch, du musst nur jedes Mal wieder aufstehen, wenn du hinfällst. Genau so oft.
Klar machst du am Anfang Fehler. Manchmal tun sie weh, na und? Wenn der Rollerartist aufgehört hätte, dann wäre er nie dahin gekommen, wo er heute ist.
Kurz nachdem ich meinen Führerschein gemacht hatte kam ich in eine brenzliche Situation. Auf einer abschüssigen Straße war es plötzlich glatt, das Auto kam ins Rutschen, vor mir eine Kreuzung mit roter Ampel, meine Mutter schrie hinten auf, ich kurbelte irgendwie mit dem Steuer und brachte das Auto schließlich zum Stehen, jenseits der Kreuzung.
Mein Bruder frozzelte von hinten: na, du Rennfahrer! Mein Vater neben mir aber blieb ganz ruhig und meinte, ich hätte alles richtig gemacht, Gegenlenken und so.
Zum Glück war die Kreuzung frei, es hätte auch schief gehen können.
Zwar bestand meine Mutter drauf, dass nun mein Vater die Familie heimfuhr. Aber am nächsten Tag zwang mein Vater mich, wieder zu fahren. Seinen VW Bulli, den er täglich beruflich brauchte.
Er meinte nur, ich müsse gleich weiter fahren, sonst bekäme ich Angst. Die hatte ich auch so schon. Es war Winter! Ich wollte nie wieder fahren.
Die Angst habe ich überwunden, ich durfte immer fahren, wenn ich mit meinem Vater unterwegs war. Bis heute bin ich unfallfrei!
Wenn er mich nicht gezwungen hätte, weiter zu fahren, wer weiß, ob ich so eine sichere Fahrerin geworden wäre
Wenn Edison nicht weiter gemacht hätte, trotz aller Fehlversuche, dann hätte er die Glühbirne nicht erfunden.
- Was kannst du aus deinen Fehlern lernen?
- Was musst du ändern?
- Was musst du noch einüben?
Täglich üben
Auch wenn du es kannst, mach weiter, mach es besser. Werde routinierter. Wenn du täglich eine neue Tätigkeit einübst, dann schaffst du damit neue neuronale Verbindungen in deinem Gehirn.
Wenn diese stark genug sind, dann ist daraus eine neue Gewohnheit geworden. Du kannst sie automatisch. So wie Auto fahren.
Erinnerst du dich noch an deine erste Fahrstunde? Und heute? Alles ist dir in Fleisch und Blut übergegangen, es erscheint dir einfach. Wege entstehen dadurch, dass du sie gehst.
Immer mehr trauen
Leg die Latte höher. So wie die Hochspringer: wenn sie eine Höhe gemeistert haben, dann versuchen sie sich 1 cm höher, oder gleich 5 cm.
Wenn du deine Angst vor freier Rede überwunden hast, wenn du dir zutraust, vor Publikum zu sprechen, dann suche dir ein größeres Publikum.
Wenn du in deiner Arbeit keine Entwicklungsmöglichkeit mehr siehst, dann suche dir eine größere Herausforderung. Ein größeres Projekt, eine gewagte Aufgabe, etwas, das weit außerhalb deiner Kuschelzone liegt. Daran wächst du.
Erst gestern habe ich das wieder am eigenen Leib erfahren. Ich bin zum ersten Mal mit einer fremden Laufpartnerin gelaufen. Weniger als halb so alt wie ich, frühere Leichtathletin. Ich bin an meine Grenze gekommen. Aber zum ersten Mal seit Jahren bin ich 8 km gelaufen.
Trotz der Gehpausen – die wir einlegen mussten, weil ich überfordert war – war dies meine schnellste Zeit pro Kilometer seit ich mit dem Training vor 46 Wochen angefangen habe.
Den ganzen restlichen Tag war ich glückselig und sehr, sehr stolz. Mein Selbstvertrauen ist enorm gewachsen. Ein alter Glaubenssatz von mir ist nämlich immer noch, dass ich unsportlich bin.
Und ichmusste wieder an den 12jährigen Rollerartisten denken, mit seiner unglaublichen Lebensweisheit: Wenn man’s kann geht es leicht. Mit seiner Zauberformel für seine Rollerkunst, die ebenso für dein Leben gilt:
- Hol dir Hilfe
- Steh wieder auf, wenn du auf die Nase fällst
- Übe immer weiter
- Trau dich immer mehr
Er wird seinen Weg machen. Mit Sicherheit ist er gut in der Schule. Und wenn er mit Schwierigkeiten konfrontiert wird, dann wird er sie meistern. Garantiert.
Er hat mich sehr beeindruckt. Er weiß, wie es geht. Für ihn ist es jetzt einfach. Was möchtest du demnächst einfach können?